So viel wie ich Bahn fahre kommen mir die Wochen doch leider sehr kurz vor. Ich lebe
eigentlich von Wochenende zu Wochenende. Erinnere mich selten an die Bahnfahrten
sondern grad besonders an den Geschmack eines Rotweins. 42 Tage, 1008 Stunden voller Eindrücke, Träume und
Gedanken und ich erinnere mich an den Geschmack eines Rotweins. Ein Wein, den
ich vor 6 Wochen das erste Mal probierte und von dem ich angetan war. Wo ich
mir beim ersten Probieren überlegte, nicht gleich eine ganze Kiste dazuzukaufen.
Aber wer viele Weine probiert hat weiß den Eifer zu zügeln.
In anfänglicher
Euphorie scheint der hohe Preis dem Genuss nur zu häufig gerechtfertigt.
Schnell verliert man das Gefühl für das Geld, das man bereit ist dafür zu
bezahlen. Man hält ihn für einzigartig und tatsächlich macht der Jahrgang den
Wein zu einer nicht wiederbringlichen Sache, wenn er denn vergriffen ist.
Selbstbeherrscht
versuchte ich den Wein also objektiv und rational zu beurteilen. Vielfältig im
Geschmack, klar und deutlich wechseln die Nuancen.
Verführerisch tiefgründig im Ansatz, aber ein undefinierbares Gefühl störte. "Da
ist noch mehr drin", dachte ich mir und beschloss den Wein noch einen Moment
atmen zu lassen.
Dinge werden
häufig besser wenn man sie ein wenig ruhen lässt. So sicher auch mit diesem
Wein, dessen Farbe ich kritisch beäugte. Relativ gewöhnlich äußerlich, angenehm
hochwertig im Geruch, aber der Geschmack war doch überraschend. Ich nehme mir
die Flasche und betrachte das schwarz-weiße moderne Etikett. Wieder unscheinbar
und doch ansprechend.
Als ich das Glas
anhob um die roten Spektren des Sonnenlichts einen Moment zu betrachten, wollte
ich ihn im nächsten nun noch einmal probieren. Und ja, er entfaltete wie zu
erwarten einen berauschend vollen Geschmack, die gleiche Vielfalt aber
intensiver. Ich schloss die Augen und ließ den Wein langsam den Gaumen
hinuntergleiten.
Eine Flasche nehme ich mir mit, beschließe ich. Lass sie unnötig aufwändig verpacken, um sie dann
zu Hause aufzureißen und Glas um Glas über den Nachmittag und Abend zu leeren.
War das ein Genuss. Ein einseitiger Genuss aber köstlich.
In der folgenden Woche
kann ich es kaum erwarten. Ich sitze in der S-Bahn, steige aus und sehe kein
Licht durch die Ladentür schimmern. Die Tür geschlossen. Ich probiere es die
folgende Woche nochmal. Jetzt war der Laden leergeräumt. Zu Hause durchwühle
ich die Alt- und Pfandglassammlung, mein
Mitbewohner muss sie grad entsorgt haben. Ich laufe zum Altglascontainer, aber
vergebens, die Flasche war weg und mit ihr die Möglichkeit eine Weitere zu
erstehen. An den Namen kann ich mich nicht erinnern. Dafür aber an den
Geschmack, der sich jetzt wahrscheinlich für immer in meinem Gedächtnis halten wird.
So bitter und beständig wie kaum ein anderer.
Ich hoffe du kannst den beliebten Wein wieder entdecken :)
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